Warum eigentlich Mallorca?

Innenansichten einer Insel [Taschenbuch]

 Sebastian Grimm

 

 

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...Wer nach Mallorca reist, macht sich verdächtig. Ich hasse es, wenn ich mich schon beim Check-In in eine Schlange angetrunkener „Ballermänner“ einreihen muss. Verstohlen spähe ich nach anderen Schaltern, wo man mild-nachsichtige Blicke für „uns“ übrig hat. Ich hänge mit drin. Niemand würde mir glauben, wenn ich zu erklären versuchte, dass ich an Mallorca Ruhe und Abgeschiedenheit schätze. Doch gerade die Vereinigung solch offensichtlicher Gegensätze ist typisch für die größte Insel der Balearen...

 

 

...Zwei Espressomaschinen fauchen um die Wette, übertönen jedes andere Geräusch. Man versteht sich wortlos. Ein Nicken oder Handzeichen reicht für die Bestellung. Lang geübte Rituale beim Frühstück in der Bar. Es beschränkt sich häufig auf eine Zeitung und einen café solo im Stehen. Aber in Ruhe. Ich kann mir das über Stunden anschauen. Zeit. Ein wertvolles Gut. Was für ein Genuss, keine Termine im Kopf zu haben...

 

 

...Ciutat. Schlicht und einfach „Stadt“. So nennen die Mallorquiner ihre einzige größere Agglomeration. Palma ist Wohnort der Hälfte der Inselbevölkerung, Palma ist Hauptstadt. Hier leben 300 000 Einwohner, von hier aus wird die Provinz Baleares regiert. Die Wirtschaftskraft ist groß, seit den Fünfzigerjahren boomt Palma. Der historische Altstadtkern mit seinen Kirchen und Adelspalästen hat diese letzte Aufschwungphase unbeschadet überstanden. Heute ist er Kleinod inmitten fragwürdiger Wachstumsarchitektur...

 

 

...„Andraaaaatsch“ brummt der kauzige Busfahrer und bringt sein Gefährt mit mehreren Bremsschüben zum Stehen. Charakteris­tischer kann man die „aitx“-Endung nicht betonen. Müde blinzele ich in den jungen Tag, während ich aussteige. Ich mag den „Ponent“, den Südwesten. Man kann ihn förmlich riechen. Der von den Aleppokiefern ausströmende Pinienduft ist allgegenwärtig. Die Tramuntana ist weniger hoch als im Norden, ihr Fels nicht so schroff. Bei unsicheren Wetterlagen hat man hier gute Aussichten, von Regengüssen verschont zu bleiben...

 

 

...Mein Vermieter ist ein Schlitzohr aus Córdoba. Er hatte mich nach dem Gespräch mit Juan und Felipe abgefangen. Apartments gibt es viele in San Telmo, und wenn nicht gerade Hauptsaison ist, stehen meist einige leer. Daher das offensive Vorgehen. Sein Angebot kann sich sehen lassen. Preislich ist es – nach einigem Verhandeln – in Ordnung, ausschlaggebend ist aber die große Terrasse mit eigenem Zugang zum Wasser...

 

 

...Von der Seite betrachtet mutet er an wie ein steinerner Kamelrücken. Felshöcker in Kalk. Massig ragen sie aus einer von Taleinschnitten zerfurchten Hochebene. Egal aus welchem Blickwinkel, der Esclóp ist stets auf markante Art und Weise präsent. Für mich ist er ein besonderer Berg, abenteuerlich und unverwechselbar. Und doch findet er in Wanderführern kaum Erwähnung...

 

 

...Ort und Einwohnerschaft kommen in den Schilderungen Sands eher schlecht weg, und Chopin litt unter dem Winterwetter der Serra Tramuntana. Sein Gesundheitszustand verschlimmerte sich stetig.Eigentlich eine Ironie der Geschichte, dass Valldemossa seinen weltweiten Ruhm und damit auch seine heutigen Einnahmequellen eben diesem kurzen Aufenthalt prominenter Urlauber verdankt. Den Hauptpersonen versagte er nicht nur die erhoffte Erholung, sondern er geriet regelrecht zum Ärgernis...